Ich über mich ...

 

Herrenmühle 1914
Frau Direktor an Haack und ihre Schwester
vor der Herrenmühle (1914); bereit zur
Ausfahrt nach Sagan.
Spinnerei
Flachsspinnerei bei Sagan (1915 - 1930)
deren Vorsitzender mein Vater war
Frühlingshochwasser in Luthrötha
Frühlingshochwasser in Luthrötha
Löwenstraße 2 in Wolfenbüttel
Wolfenbüttel - Löwenstraße 2 Haus steht
nicht mehr, weil Karstadt dort bauen wollte -
Karstadt steht heute noch
Herrenmühle 1974
Haus Herrenmühle Direktorenvilla
der Flachsspinnerei Luthrötha bei Sagan;
Villa ist heute Treffpunkt der Jugend

Zur Welt gekommen bin ich am 4. September 1928 in Sagan, einer kleinen Stadt in Niederschlesien.
Mein Großvater leitete dort eine Flachs-Spinnerei, an der er selbst wohl auch beteiligt war.

1930 freilich, in der Weltwirtschaftskrise, musste er Konkurs anmelden, und soviel ich weiß, war er selbst nicht ganz unschuldig daran. In der Textilbranche kannte man Carl an Haack als einen ausgezeichneten Fachmann; ein gewiefter Geschäftsmann ist er vielleicht nicht gewesen.
Mit der Schließung der Fabrik verlor auch mein Vater, der als Ingenieur in Großvaters Fabrik angestellt war, seine Arbeit.
Nun stand er sozusagen auf der Strasse. Nicht lange allerdings.
Er war während seines Studiums in Breslau aktiver Burschenschafter gewesen und konnte auf die Hilfe einstiger Kommilitonen rechnen. Schon 1931 nahm er eine - wenn auch zunächst einmal ziemlich schlecht bezahlte - Tätigkeit in Breslau bei der Schlesischen Textil-Berufsgenossenschaft auf.

Auch meine Mutter hatte zeitweise in der väterlichen Fabrik gearbeitet, als Stenotypistin oder Sekretärin.
In erster Linie aber war sie natürlich Hausfrau und Mutter zweier Kinder. Und sie schrieb seit ihrer eigenen Kindheit Gedichte, Märchen, Erzählungen. Neunzehnjährig hatte sie in einem Leipziger Verlag sogar schon ein Buch veröffentlicht, "Das Märchenschloß", phantasievolle, wenn auch für den heutigen Geschmack vielleicht ein wenig süßlich-romantische Märchen.
Später hat sie lange sozusagen nur für den Hausgebrauch geschrieben, für uns, ihre Kinder, und für Freunde. Veröffentlicht hat sie viele Jahre lang nichts..

Zwischen 1933 und 1945 kam das dann sowieso nicht in Frage; Mitglied der nationalsozialistischen "Reichsschrifttumskammer" zu werden, widerstrebte ihr. Aber nach der Befreiung, 1945, hat sie in Verlagen der DDR zwei Romane sowie einige Erzählungen veröffentlicht.

Doch noch einmal zurück zu meiner Kindheit: In Breslau bin ich 1934 zur Schule gekommen. Eine Privatschule ist das gewesen, die Weinhold-Schule, die meine Schwester und ich besuchten. Übrigens war auch Peter Hacks in dieser Schule und - was ich freilich erst vor wenigen Jahren erfuhr -, Anita Lasker-Wallfisch, die "Cellistin von Auschwitz", deren Bericht "Ihr sollt die Wahrheit erben" mich tief bewegt hat.
Später kam ich auf die Oberschule am Zwinger, und 1944 wurde ich mit meiner Klasse zur Heimatflak einberufen. Als Luftwaffenhelfer und zuletzt in einer aus Kindern und Jugendlichen zusammengewürfelten Volkssturmeinheit habe ich von Januar bis Mai 1945 miterlebt, wie meine Heimatstadt, nunmehr die "Festung Breslau", zum Ruinenmeer wurde.
Am 6. Mai 1945 kam ich in sowjetische Gefangenschaft. Drei Monate waren wir in einem ehemaligen Konzentrationslager interniert, im Lager Fünfteichen. Ende August dann: Transport nach Kiew und bis zum Herbst 1947 Arbeit beim Wiederaufbau der aus tausend Wunden blutenden ukrainischen Hauptstadt.
Im Dezember 1947 bin ich heimgekehrt, nicht nach Breslau, das jetzt Wroclaw hieß, sondern nach Halle/Saale, in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands. 1948/49:  Chemiearbeiter in den Leuna-Werken. 1950: Redaktionsvolontär bei der Mitteldeutschen Tageszeitung "Freiheit" in Halle, Wittenberg  und Weißenfels. 1951: Übersiedlung nach Schwerin, wo meine Mutter seit 1946 im Hause des evangelischen Dompredigers Karl Kleinschmidt wohnte. Nach kurzer Tätigkeit in einem kleinen volkseigenen Postkartenverlag fand ich im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, dessen Vorsitzende in Mecklenburgder Schriftsteller Willi Bredel und Domprediger Karl Kleinschmidt waren, ein neues, interessantes Aufgabenfeld.
1958 begann ich ein dreijähriges Studium am Literaturinstitut "Johannes R. Becher" in Leipzig, und 1959 erschien mein erster Roman, "Die größere Liebe", in dem ich von den Erlebnissen eines jungen Mannes, der mir nicht zufällig recht ähnlich ist, im Leunawerk während der schweren Jahren des Neuaufbaus erzähle.
Seit 1961 bin ich freiberuflicher Schriftsteller, verheiratet seit 1951, und Vater von drei Kindern, die mich inzwischen längst Großvater werden ließen.